„This is my spot!“ – wenn Gewohnheiten zu Marotten werden
Feste Gewohnheiten haben Vorteile: sie sind lebensnotwendig und helfen, im Alltag zu Recht zu kommen, Zeit und Energie zu sparen. Dann haben wir den Kopf frei, um kreativ zu sein. Aber was, wenn wir im Spinnennetz unserer Routinen festkleben?
„Das ist mein Platz"! Wir alle reagieren in der einen oder anderen Situation wie Sheldon Cooper aus der TV-Serie „The Big Bang Theory". In der Yogastunde breiten wir unsere Matte immer an der gleichen Stelle aus. Beim Thai-Imbiss muss es jeden Freitag die 206 sein. Je älter wir werden, desto genauer wissen wir, was gut für uns ist und was wir nicht mögen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und das liegt in der Art und Weise begründet, wie und wann er Entscheidungen trifft und danach handelt. Das menschliche Gehirn ist nämlich auf Effizienz getrimmt.
Wir treffen täglich hunderte Entscheidungen – 90 Prozent davon unbewusst. Das Gehirn nutzt dabei gespeicherte Erfahrungswerte, so dass wir bei gewohnten Handlungen nicht über jeden Schritt nachdenken müssen. Grundlegende Verhaltensweisen wie Zähneputzen oder Schuhebinden werden in den Basalganglien als kompakte Information abgespeichert wie auf einem Computerchip. Diese Routine-Schablonen werden in der entsprechenden Situation automatisch abgerufen. Das entlastet das Gehirn vom Zwang, sich ständig entscheiden zu müssen und sich in Nebensächlichkeiten zu verzetteln. Während die Basalganglien die gewohnten Muster aktivieren, kann sich der Teil des Gehirns, der für Innovationen zuständig ist, ganz darauf konzentrieren, Neues zu schaffen. Routinen sind folglich verfestigte Verhaltensweisen, über die man nicht mehr aktiv nachdenkt.
Unsere Gewohnheiten sind das Fundament des Lebens. Sie geben unserem Alltag Halt und schenken uns Verlässlichkeit. Unser Gehirn mag Routine. Wo wir uns auskennen, da fühlen wir uns sicher und geborgen. Aus Gewohnheit wächst Vertrauen: wir wissen, hier lauert keine Gefahr. Bei jeder gewohnten Handlung durchströmen uns Glückshormone und signalisieren: Wir befinden uns auf bekannten Pfaden. Zudem haben wir ohne Gewohnheiten keine Lernerfolge, denn „Übung macht den Meister". Das Geheimnis der Virtuosität liegt in der Wiederholung. Erfolg fußt auf der Routine. Wer den Handstand im Yoga meistern will muss ihn immer wieder üben.
Auf der anderen Seite ist Routine nachteilig, weil sie uns anfälliger für Fehler macht und uns ohne Veränderungen langweilig wird. Sie schleicht sich heimlich in unseren Alltag und führt manchmal wie bei Sheldon Cooper zu Schrullen. Auch wenn uns Wandel Angst macht und Veränderungen Überwindung kosten, es hat viele Vorteile, sich ihnen zu stellen und seine „comfort zone" zu verlassen:
- Entwicklung: Eine neue Aufgabe erweitert deinen Horizont wodurch du dein Potenzial entfalten kannst.
- Erlebnis: Du machst neue spannende Erfahrungen und entdeckst die Vielfalt des Lebens.
- Spannung: Wenn du offen für Neues bist gehört Langeweile der Vergangenheit an.
- Selbstbewusstsein: Grenzen zu überschreiten stärkt dein Selbstbewusstsein.
- Kreativität: Herausforderungen bedürfen neuer Lösungen und Ideen.
- Energie: Wenn du eine Aufgabe erfolgreich gemeistert hast, fühlst du dich voller Energie.
Fazit: Routine ist gut, aber es gibt auch genug Gründe, Gewohnheiten zu durchbrechen.
Für mich liegt – wie nahezu überall – der Weg in der Mitte, in einer gesunden Mischung zwischen beidem. Ich habe zwar meine Rituale, versuche jedoch, aufmerksam und neugierig durchs Leben zu gehen und dabei offen und wach für Neues zu sein.
(Claudia Dahnelt - Lotusblume Yoga & Ayurveda, Frankfurt, März 2015)